Kenia
Ein Reisebericht von Projektreferentin Regina Hemetsberger
Wer in Kenia nach Symmetrien sucht, findet Diskrepanzen. Während Nairobi sich zum Silicon Valley Afrikas entwickelt und ausländisches Kapital die Skyline der Stadt zum Leuchten bringt, driften Arm und Reich immer weiter auseinander. Knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, von weniger als zwei Dollar pro Tag. Auf der Liste der afrikanischen Länder mit der größten Einkommensungleichheit belegt Kenia Platz elf. Kaum wo ist diese Asymmetrie augenfälliger als in Nairobi selbst. Moderne Shopping Malls, innovative Start-Ups und internationale Fastfood-Ketten reihen sich Tür an Tür mit dürftigen Wellblechhütten, winzigen Dukas und bescheidenen Imbissbuden. Unweit unlängst erbauter Bürotürme beginnen die ersten Armutsviertel. Die Hälfte der Bevölkerung lebt darin, jeder Dritte von ein bis zwei Dollar pro Tag. Noch zählt die Stadt vier Millionen Einwohner, bis 2030 werden es mehr als sieben sein, denn die Bevölkerungsrate steigt, die Migration aus dem In- und Ausland zieht an. Mehr als 500.000 Menschen überschreiten jährlich Kenias Grenzen, die meisten davon aus benachbarten Kriegs- und Krisengebieten. Sie hungern, ringen in ihrer Heimat um Leben und Tod, werden verraten und verfolgt. Flucht ist das einzige Entkommen. Vielfach endet es in einer kargen Behausung, auf engstem Raum, frei von kommunaler Infrastruktur, in Armut und Isolation.
Identität und Orientierung sind in Kenia ständige Themen, ob in den Slums von Nairobi, den Flüchtlingslagern von Kakuma und Dadaab oder in den Agenden nationaler und internationaler Hilfswerke. Unsere kenianischen Partner setzen dort an, wo sie am Dringendsten gebraucht werden: Bei Flüchtlingen, sozialen Randgruppen, Frauen, Kindern und Jugendlichen. Sie helfen bei der Befriedigung einfacher Grundbedürfnisse, bieten Refugien, finanzieren Schul- und Berufsbildung, gewähren Gesundheitsversorgung, psychosozialen Beistand oder Mikrokredite für den Start ins eigene Kleingewerbe. Sie arbeiten in der Stadt oder am Land, sind uns altbekannt oder jüngst begegnet, kirchlich oder überkonfessionell. Allesamt ist ihnen jedoch gemein: Ein zuverlässiges Transportmittel, das sie umstandslos durch den Alltag bringt. Es wird gebraucht, um Nairobis weitläufiges Straßennetz rasch zu durchkreuzen. Es wird gebraucht, um gefährliche Überlandstrecken unbeschadet zu meistern. Im Rahmen der diesjährigen MIVA-Reise habe ich einige unserer Partnerinnen und Partner besucht, sie bei ihrer täglichen Arbeit begleitet, Allfälliges besprochen und neue Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet. Ein paar davon seien im Nachstehenden beispielhaft vorgestellt.